Integration und simultane Schätzung kinematischer Parameter bei der Mehrbildzuordnung von dynamischen Prozessen

Klassische Verfahren der photogrammetrischen Verformungsanalyse bestehen zum einen aus der spatio-temporalen Bildzuordnung (spatio temporal matching – STM) und zum anderen aus einem nachfolgenden Schritt der Berechnung von Verformungsparametern. In vielen Nahbereichsanwendungen stehen zudem weitere kinematische Informationen zur Verfügung, die bisher in implizierter Form als Bewegungsmodelle und Modellannahmen in die STM integriert werden. Nicht modellierte Effekte können jedoch die Zuordnung stören und eventuell zu verfälschten Ergebnissen führen. Ziel des Vorhabens ist es einen allgemeingültigen Ansatz zu entwickeln, der explizite Informationen über das sich kinematisch verhaltende Objekt (z.B. Drehgeschwindigkeiten) in die hochgenaue STM integriert und unbekannte kinematische Parameter simultan ermittelt. Es wird erwartet, dass dies zu einer deutlichen Qualitätssteigerung der photogrammetrischen Verformungsanalyse führt und kinematische Informationen bereitstellt, die sowohl in dynamischen industriellen Anwendungen als auch in naturwissenschaftlichen Fragestellungen als wichtige Grundlage für nachfolgende Analysen fungieren. Des Weiteren erlaubt der Ansatz die Trennung von kinematischen und geometrischen Parametern, wodurch nicht deformierte und deformierte Oberflächen separiert werden können. Dies ist vor allem für Anwendungen, bei denen das Objekt nur in verformten Zuständen beobachtet werden kann (z.B. rotierende Windenergieanlagen), ein deutlicher Mehrgewinn gegenüber bisherigen Verfahren. Ausgehend von etablierten statischen Modellen der Mehrbildzuordnung wird eine geschlossene Beschreibung des kinematischen Objektes und den jeweiligen Bildräumen formuliert. Auf dieser Basis wird ein Ansatz entwickelt, der die unbekannten Modellparameter (Geometrie und Kinematik) in Abhängigkeit der gegebenen Informationen (Bildsequenzen, kinematische Messungen und stochastische Informationen) schätzt. Die primäre wissenschaftliche Neuheit des Vorhabens liegt somit in der Formulierung einer geschlossenen und allgemeingültigen Modellbeschreibung sowie in der Entwicklung des hochgenauen STM-Verfahrens. Komplettiert wird dies durch Fragestellungen hinsichtlich der statistischen Optimierung des Ansatzes sowie der spatio-temporalen Ausreißerdetektion. Das Verfahren wird anhand von Simulationen und Laborversuchen entwickelt und validiert. Die Anwendbarkeit des Verfahren wird abschließend durch Versuche einer realen Anwendung demonstriert. Als Anwendungsszenario dienen dazu Windkanalversuche mit Modellen einer Windenergieanlage, zu denen bereits umfangreiche Messdaten und Zusatzinformationen vorliegen.